November 2015
Ausstellung im Rahmen von Kunst im Amtsgericht Lampertheim (Kunstverein Lampertheim)
http://www.lampertheimer-zeitung.de/lokales/lampertheim/zaubergaerten-und-containerschiffe_16391645.htm
LAUDATION
Ulrich Späh
Maja malt!
Unter diesem Stichwort findet man im Internet Informationen zu der Fotokünstlerin und Malerin Dr. Maja Krützfeldt. Als ich ihr Haus in Limburgerhof zum ersten Mal betrat, um mich vorzubereiten für diese Vernissage, war ich sogleich gefangen von den an Wänden des Hauses hängenden Bildern:
Hamburger Hafenszenen, Industriefotos aus dem Ruhrgebiet, Kokerei Hansa, Zeche Zollverein, das große Dock von Blohm und Voss, und die Werke verfallender Gebäude (Lost Places). Diese Fotografien, bearbeitet mit Acrylfarben, Ölkreide und dann collagiert auf Leinwand, haben mich sehr fasziniert. Und ganz spontan erinnerte ich mich an Bilder, die aus meiner Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet in meinem Kopf waren und an Bilder, die aus meiner Seefahrtzeit dort noch immer herumspukten. Ich kann nicht verhehlen, dass mich diese Bilder persönlich sehr berührt haben.
Nun ist Dr. Maja Krützfeldt von der Ausbildung her gar keine Künstlerin. Sie hat 1975 in Ludwigshafen das Licht der Welt erblickt, hat 1994 eben dort ihr Abitur gemacht und danach an der Uni Heidelberg Molekularbiologie studiert mit dem Abschluss als Diplom Molekularbiologin am Deutschen Krebsforschungszentrum und der Uni Heidelberg im Jahr 1998. Fünf Jahre später promoviert Maja Krützfeldt 2003 am Institute of Cancer Research an der University of London. Seit 2009 ist sie Wissenschaftliche Koordinatorin und Leiterin der Geschäftsstelle – Strategie und Programme am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg.
Wie nun kommt eine beruflich so erfolgreiche junge Frau zur Malerei? Mein Eindruck ist, dass ihre Kreativität bereits im Elternhaus geweckt und gefördert wurde. Beide Elternteile waren künstlerisch neben ihrem Beruf aktiv: die Mutter hat sehr viel aquarelliert, der Vater hat Metall als Objekt künstlerischer Entfaltung genutzt.
Maja Krützfeldt hat sich künstlerisch autodidaktisch weiterentwickelt und insbesondere nach dem Tod ihrer Mutter ihren eigenen Stil gefunden. Seit 3 Jahren malt sie sehr intensiv und findet in der kreativen Tätigkeit von Malerei und Fotografie Entspannung vom Stress der täglichen Arbeit. Zunächst waren ihre Arbeiten sehr verspielt. Später wechselt sie die Motive. Ihre Themen wenden sich der Industriekultur zu. Sie findet Inspiration in urbanen und industriellen Motiven. Insbesondere die Industrie und Industriekultur der Region des Ruhrgebietes mit ihrer eindrucksvollen Baukunst faszinieren sie in besonderem Maße. Aber auch die nahe gelegenen Häfen von Ludwigshafen und Mannheim haben es ihr angetan. Ein weiteres Feld für ihre künstlerische Entfaltung beschäftig Maja Krützfeldt in ihrer neuesten Serie: „Vergessene, zerfallende Gebäude und Plätze“ (Lost places).
Auf der Heimfahrt dann kam mir Joachim Ringelnatz in den Sinn, der ebenso wie Maja Krützfeldt einen Sinn hatte für „Lost Places“ und den schleichenden Verfall eines Bauwerkes – einer Mauer, die er oft benässte, weil`s dort dunkel war. Er aber hat diese Mauer nicht gemalt, sondern sie in einem Gedicht so wunderbar beschrieben, dass sie als Bild in unserer Phantasie vor unseren Augen aufsteht. Aus diesem Gedicht
ALTE WINKELMAUER
Joachim Ringelnatz
Alte Mauer, die ich oft benässe,
weil`s dort dunkel ist.
Himmlisches Gefunkel ist
in deiner Blässe.
Pilz und Feuchtigkeiten
Und der Wetterschliff der Zeiten
Gaben deiner Haut
Wogende Gesichter,
die nur ein Dichter
oder Künstler
oder Nureiner schaut.
„Können wir uns wehren?“
Fragt es aus dir mild.
Ach, kein Buch, kein Bild
Wird mich so belehren.
Was ich an dir schaute,
etwas davon blieb
immer. Nie vertraute
Mauer, dich hab ich lieb.
Weil du garnicht predigst.
Weil du nichts erledigst. Weil du garnicht willst sein.
Weil mir deine Flecke
Ahnungen erwecken.
Du, eines Schattens Schein.
Nichts davon wissen
Die, die sonst hier pissen,
doch mir winkt es: Komm!
Seit ich dich gefunden,
macht mich für Sekunden
meine Notdurft fromm.
Wie Ringelnatz entdeckt Maja Krützfeldt an den allmählich verfallenden Gebäuden eine einmalige Ästhetik und Schönheit, die sie mit der stets präsenten Kamera festhält und dann möglichst schnell auf die Leinwand bringt. Die Fotos werden vergrößert an das Format des Bildes, werden geknickt, sodass Brüche entstehen. Sie werden dann auf Leinwand collagiert und mit Acrylfarben, Ölkreide oder Aquarellstiften bemalt.
Die benutzten Werkzeuge sind Spachtel, Schere, Stifte und Pinsel. Maja malt immer, wenn es geht und immer aus Spaß an der Freude. Soeben kommt Maja Krützfeldt von einem Kurs an der Freien Kunstakademie Augsburg zurück, wo sie bei dem Dozenten Rainer Kaiser ihre Kenntnisse in Bildtransfer und experimentellen Drucktechniken erweitert hat. Man darf gespannt sein, was sich da bei der Künstlerin entwickelt.
Ihre ersten drei Ausstellungen hat sie in diesem Jahr gemacht und sie hat mir gestanden, dass es ihr schwer fällt, sich von ihren Bildern zu trennen. Heute nun ist sie unser Gast und bereichert mit ihren interessanten, beeindruckenden Bildern unsere Ausstellung. Wir wünschen Ihnen, liebe Maja Krützfeldt viel Erfolg für diese Ausstellung und wir drücken Ihnen die Daumen für Ihre weitere künstlerische Entwicklung.
An unser Publikum geht die Bitte, lassen Sie sich einfangen von dem ganz besonderen Stil dieser Bilder. Lassen Sie sich anstecken von dem Spaß an der Freude, den die Künstlerin bei der Schaffung eines Bildes empfindet.